In diesem Jahr dürfen keine genmanipulierten „Cholera-Kartoffeln“ im Freiland angebaut werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) teilte mit, dass über einen entsprechenden Antrag der Universität Rostock „zu einem späteren Zeitpunkt entschieden“ werde. Zwei andere Anbauversuche mit Gen-Knollen genehmigte das BVL jedoch. Das Umweltinstitut München begrüßte, dass die 57.000 Einwendungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens etwas Wirkung gezeigt hätten.
Die Universität Rostock wollte von 2009 bis 2012 in Üplingen (Sachsen-Anhalt) und Thulendorf (Mecklenburg-Vorpommern) drei Sorten genmanipulierte Kartoffeln anbauen. Einer Sorte wurden Teile des Cholera-Bakteriums eingebaut. Damit soll ein Impfstoff bzw. ein Impfstoff-Hilfsmittel erzeugt werden. Andere Kartoffelpflanzen sollen einen Impfstoff für Kaninchen herstellen. Eine dritte Linie der Gentechnik-Knollen soll den plastikähnlichen Stoff Cyanophycin produzieren, der in der Bau- und Waschmittelindustrie genutzt werden könnte.
Für den Kaninchen-Impfstoff und die Plastik-Knolle gab das BVL grünes Licht. Sie dürfen auf einigen hundert Quadratmetern angebaut werden, 20 Meter vom nächsten konventionellen Kartoffelacker entfernt. Den geplanten Anbau der Cholera-Kartoffel legte das BVL dagegen auf Eis. Offiziell hieß es, dass der Antragsteller diese Kartoffellinie 2009 nicht freisetze und daher später entschieden werden könne. Tatsächlich dürften jedoch wahltaktische Gründe ausschlaggebend sein. Die Cholera-Kartoffel war der umstrittenste und bekannteste der drei beantragten Versuche. Schlagzeilen wie „Ministerin Aigner genehmigt Cholera-Knolle“ wollte die CSU-Führung vor der Europawahl nicht lesen. Das Aigner unterstehende BVL hat mit der Cholera-Kartoffel keine grundsätzlichen Probleme. Bereits 2006 hatte die Behörde erste Anbauversuche mit der manipulierten Knolle genehmigt.
„Die CSU will heikle Entscheidungen bei der Agro-Gentechnik offensichtlich auf einen unkritischen Zeitpunkt verschieben. Doch dieses Manöver wird der Partei bei den Europa und Bundestagswahlen um die Ohren fliegen“, glaubt Harald Nestler, Vorstand beim Umweltinstitut München. Die beiden genehmigten Kartoffel-Experimente und der erlaubte Anbau von Gen-Gerste entlarven seiner Meinung nach den gentechnikkritischen Kurs der CSU als versuchte Wählertäuschung.