Hickhack um Patent-Resolution

Das Bundesland Hessen hat eine Resolution gegen Patente auf Leben in den Bundesrat eingebracht. Die droht, im parteipolitischen Hickhack unterzugehen. Die Initiative „Kein Patent auf Leben“ ruft deshalb dazu auf, den Ministerpräsidenten Briefe zu schreiben.

Gentechnik-Konzerne haben in den letzten Jahren Hunderte Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere beim Europäischen Patentamt beantragt. Dagegen wehrt sich eine immer breiter werdende Bewegung von Bauern-, Umwelt- und kirchlichen Organisationen, koordiniert von der Initiative „Kein Patent auf Leben“. Im Zuge der Proteste gegen ein von Monsanto beantragtes Patent auf Schweine sprach sich die hessische Umweltministerin Silke Lautenschläger (CDU) gegen solche Biopatente aus. Ihr bayerischer Kollege Markus Söder (CSU) schloss sich dieser Haltung an.
Die hessische Landesregierung brachte daraufhin im Bundesrat einen Antrag ein. Der Bundesrat solle die Bundesregierung auffordern, sich auf EU—Ebene dafür einzusetzen, die EU-Richtlinie über Biopatente so zu ändern, „dass eine Patentierung von Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen und Tiere sind, zukünftig ausgeschlossen wird, wenn sie auf klassischen Züchtungsverfahren wie Kreuzung und Selektion beruhen.“ Trotz der umständlichen Formulierung ist der Antrag politisch brisant. Denn erstmals bezogen hochrangige CDU-Politiker darin Stellung gegen die derzeit übliche Biopatentierung. Zudem hätte der Antrag die anderen Landesregierungen dazu gezwungen, Farbe zu bekennen.
Dazu wird es voraussichtlich vor den Bundestagswahlen nicht mehr kommen. Der Bundesrat hat den Antrag in seine Ausschüsse verwiesen. Dort ist die Beratung erst einmal vertagt worden. Nach Angaben von „Kein Patent auf Leben“ hätten nur Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen gegen eine Verschiebung gestimmt. Brandenburg, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein hätten sich enthalten. Insbesondere die FDP und die Regierung von Niedersachsen hätten sich für die Vertagung stark gemacht. Die FDP ist als extrem gentechnikfreundlich bekannt und in Bayern und Hessen an der Regierung beteiligt. Dort wollte die jeweilige Landes-FDP die Koalitionspartner nicht direkt brüskieren, deshalb wird jetzt im nachhinein über die FDP-Koalitionen in anderen Bundesländern gebremst. In Niedersachsen ist der in der grünen Gentechnik engagierte Saatgutkonzern KWS zuhause. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, die ebenfalls für eine Vertagung stimmten, sitzen die Konzerne BASF und Bayer mit ihren Gentechnik-Abteilungen.
„Kein Patent auf Leben“ hat einen Musterbrief ins Netz gestellt. Darin kann man den Ministerpräsidenten seines Bundeslandes bitten, das Anliegen der Landesregierungen von Hessen und Bayern „auch mit Nachdruck zu verfolgen und sich darüber hinaus für ein allgemeines Verbot der Patentierung von Saatgut, Pflanzen und Tieren stark zu machen.“ Ziel ist es, bei der nächsten Bundesratssitzung am 12. Juni noch eine Abstimmung über den Antrag zu erreichen. „Sollte es dort nicht zur Abstimmung kommen, besteht die Gefahr, dass der Antrag in die Sommerpause gerät und dann nach der Bundestagswahl rasch beerdigt wird“, befürchtet Ruth Tippe von „Kein Patent auf Leben“.

Mehr Infos: Informationsdienst Gentechnik, Dossier „Patente in der Landwirtschaft“
Eine öffentliche Anhörung des Bundestages zum Thema Biopatente