Bund, Ländern und Kommunen könnten verbindliche gentechnikfreie Zonen einrichten. Sie würden damit nicht gegen EU-Recht verstoßen. Zu diesem Ergebnis kommt ein juristisches Gutachten, das die Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben hat.
Die Berliner Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. hat für die Grünen zusammengestellt, wie Bund, Länder und Kommunen im Rahmen der bestehenden EU-Regelungen gentechnikfreie Regionen stärken können. Herzstück des Gutachtens ist der „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung gentechnikfreier Regionen“. Ausführlich begründen die Juristen, dass eine solches Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen sehr wohl mit dem EU-Gentechnikrecht vereinbar wäre. Bisher haben führende Bundespolitiker, allen voran Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner, immer behauptet, verbindliche gentechnikfreie Zonen würden dem EU-Recht widersprechen.
Gassner und Kollegen argumentieren so: Die Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG erlaubt es den Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das unbeabsichtigte Vorhandensein von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in anderen Produkten zu verhindern. Die bisher im Gentechnikgesetz vorgeschriebenen Maßnahmen auf betrieblicher Ebene wie Abstandsflächen und gute fachliche Praxis reichen dazu nicht aus. Insbesondere Imker oder Saatgutvermehrer würden dadurch nicht ausreichend geschützt. Gefährdet seien auch Öko-Bauern, wenn sie die von ihren Kunden geforderte Reinheit der Produkte nicht mehr gewährleisten können. Deshalb seien verbindliche gentechnikfreie Zonen zulässig.
Beschränkt würden sie durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Verbot des GVO-Anbaus müsse „geeignet, erforderlich und angemessen“ sein, um die Koexistenz zu sichern. Der Gesetzentwurf löst das, indem er von den Antragstellern eine ausführliche Begründung für die Notwendigkeit einer gentechnikfreien Zone verlangt. Außerdem muss die „zuständige Behörde“ alle Betroffenen bei der Festsetzung der Zone beteiligen. Diese Behörde könnte auch eine Gemeinde oder ein Landkreis sein. Denn der Gesetzentwurf würde zwar das Gentechnikgesetz des Bundes ergänzen, die Umsetzung aber wäre dezentral möglich. Praktisch gesehen könnte das vor allem dort der Fall sein, wo es bereits aktive gentechnikfreie Regionen auf privater Basis gibt. Das sind derzeit bundesweit 189 mit fast 30.000 beteiligten Landwirten. Hinzu kommen noch fast 200 Kommunen, die sich als gentechnikfrei erklärt haben.