Bayern will Null-Toleranz kippen

Die Bundesländer Hessen und Bayern haben für die heute beginnende Agrarministerkonferenz Anträge zum Umgang mit gentechnischen Verunreinigungen im Saatgut gestellt. Der bayerische Antrag würde zu einem Schwellenwert für Verunreinigungen von 0,1 Prozent führen. Bisher darf im Saatgut keinerlei gentechnisch manipuliertes Erbgut nachweisbar sein. Umwelt-, Bio- und Bauernorganisationen haben die Länderminister davor gewarnt, die bisherige Reinheit bei Saatgut aufzugeben.

Bayern fordert in seinem Antrag, „Beimengungen von allen gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP), die eine EU-Zulassung als Lebens- und Futtermittel oder eine positive Sicherheitsbewertung in verlässlichen Drittländern haben, von bis zu 0,1 % (quantitative Nachweisgrenze) in Saatgut, Lebens- und Futtermitteln nicht mehr als beanstandungsrelevant einzustufen.“ Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass mit verlässlichen Drittländern die USA und Kanada gemeint sind. Hessen bezieht sich in seinem Antrag auf die österreichische Regelung, wonach die Saatgutlieferanten ein GVO-Zertifikat vorlegen müssen, dass das verkaufte Saatgut frei von Verunreinigungen ist. Die Behörden beschränken sich hierbei auf gelegentliche Kontrollen, bei denen nur Verunreinigungen von mehr als 0,1 Prozent beanstandet werden.

Die Organisation Save our Seeds hält den hessischen Antrag grundsätzlich für den richtigen Weg, warnt aber ebenso wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) davor, das österreichische Modell ein zu eins zu übernehmen. Es sei beim „Verursacherprinzip und bei der Nachkontrolle unzureichend“, schreibt die AbL. Saatgut, bei dem die Behörden bei der Nachkontrolle bis zu 0,1 Prozent GVO-Anteile festgestellt werden, bleibe ungekennzeichnet auf dem Markt. Selbst bei Verunreinigungen über 0,1 Prozent würden die von einer Aussaat betroffenen Flächen nicht veröffentlicht, nicht umgebrochen, und benachbarte Betriebe würden nicht gewarnt. Der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft weist darauf hin, dass „kleinere Züchter und Erhaltungsinitiativen mit verpflichtenden GVO-Tests auf eigene Kosten gänzlich überfordert wären. Die Inverkehrbringer bzw. Patentinhaber müssen für die Analysekosten aufkommen, da ihre Tätigkeit die Ursache für den Kostenaufwand der betroffenen Saatguterzeuger ist.“ Weitere Stellungnahmen liegen von Bioland und Greenpeace sowie vom BUND vor. Save our Seeds hat ein ausführliches Hintergrundpapier zu Gentechnik im Saatgut ins Netz gestellt.