Feldbefreier: Gericht muss die Argumente prüfen

Das Oberlandesgericht Naumburg hat die Verurteilung dreier Feldbefreier zu Geldstrafen wegen Rechtsfehlern aufgehoben. Das Landgericht Magdeburg hatte es in dem Prozess abgelehnt, die Argumente der Feldbefreier gegen den zerstörten Versuchsanbau zu prüfen. Jetzt müssen die Richter dieses Versäumnis nachholen.
Im April 2008 zerstörten sechs Aktivisten ein Feld mit genmanipuliertem Weizen am Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben. Dieser Versuch war äußerst umstritten, weil er in unmittelbarer Nähe der Saatgutvermehrungsflächen des IPK Gatersleben durchgeführt wurde. Es bestand die Gefahr, dass Tausende traditioneller Weizensorten der dortigen Saatgutbank kontaminiert würden. Die sechs Feldbefreier wurden vom Amtsgericht Aschersleben und in zweiter Instanz vom Landgericht Magdeburg zu Geldstrafen verurteilt. Drei der sechs zogen vor das Oberlandesgericht und rügten, dass das Landgericht sich nicht mit der Gefahr, die von diesem Versuch ausging und der offensichtlichen Rechtswidrigkeit seiner Genehmigung befasst habe.
Das sahen die Richter am OLG ebenso. Sie stellten fest, angesichts der zahlreichen Beweisanträge der Feldbefreier, wonach der Genehmigungsbescheid grob rechtswidrig sei „waren Feststellungen erforderlich, die dem Senat eine eigenständige Prüfung ermöglichten.“ Im Klartext: Die Magdeburger Richter hätten sich intensiv mit dem Genehmigungsbescheid des Versuches, seinem Zustandekommen und auch dem Einhalten der Auflagen seitens des IPK befassen müssen. Statt dessen hatten sie alle Beweisanträge vom Tisch gewischt und nach kurzer Verhandlung des Geldstrafen bestätigt.
Der Aktivist Jörg Bergstedt, der als Rechtsbeistand mit der Revision den Erfolg erstritt, sieht eine Bedeutung weit über den konkreten Fall hinaus: Erstmals in den inzwischen jahrelangen Auseinandersetzungen um Feldbefreiungen habe ein hohes Gericht Standards formuliert, wann Rechtfertigungsgründe verneint werden können. „Bislang wurden die einfach vom Tisch gefegt.“ Diese Maßstäbe dürften auch für Atomkraft, Kohleverfeuerung und andere gesellschaftliche Streitfelder gelten.