NGOs fordern unabhängige Wissenschaftsberatung für die EU

Der scheidende EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte Anfang 2012 die Stelle einer wissenschaftlichen Chefberaterin geschaffen. In einem Schreiben an seinen Nachfolger Jean-Claude Juncker haben 28 europäische Umwelt- und Gesundheitsorganisationen für eine „objektive, breit gefächerte und transparente wissenschaftliche Beratung“ plädiert. „ Die Chefberater-Position kann und wird diesem Zweck nicht gerecht werden. Dies liegt nicht an einem Mangel an Ressourcen, sondern an den dieser Rolle selbst innewohnenden Schwächen“, heißt es in dem Brief.

Bereits im Juli hatten einige der Organisationen die Stelle der wissenschaftlichen Chefberaterin in Frage gestellt, da sie einer einzelnen Person zuviel Einfluss verleihe. „Den Unterzeichnern wurde seither vorgeworfen, die Integrität und Unabhängigkeit der von der Kommission in Anspruch genommenen wissenschaftlichen Beratung aushöhlen zu wollen“, beklagen die NGOs. Dabei gehe es ihnen darum, diese Integrität und Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten. „Weit davon entfernt, wissenschaftsfeindlich zu sein, fordern wir, dass den politischen Entscheidungsträgern objektives und vielfältiges Fachwissen zur Verfügung gestellt wird. Eine einzige Beraterin kann dies nicht garantieren.

Derzeit hat den Posten die schottische Molekularbiologin Anne Glover inne. Sie macht kein Geheimnis daraus, dass sie die Agro-Gentechnik für sinnvoll hält und die europäische Öffentlichkeit für innovationsfeindlich. Eine Neubesetzung der Position würde das Problem nicht lösen, schreiben die NGOs. „Interessengruppen haben längst erkannt, dass eine Steuerung umso einfacher ist, je mehr die wissenschaftliche Beratung in die Hände einer einzigen Person gelegt wird.“ Da die Chefberaterin nicht zur Veröffentlichung ihrer Empfehlungen verpflichtet sei, werde die Einflussnahme der Lobbyisten noch mehr vereinfacht. „Wir halten an dem Grundsatz fest, dass wissenschaftliche Beratung unabhängig, objektiv und transparent sein sollte. Eine einzige Chefberater-Position für die gesamte EU-Politik macht es schwierig, diesem Grundsatz zu entsprechen“, lautet das Fazit der NGOs.