Die gentechnik-kritische Organisation Testbiotech fetzt sich mit Forschern, die im Rahmen eines EU-Projekts Ratten mit dem Gentech-Mais MON810 fütterten und keine Effekte feststellten. Die habe es sehr wohl gegeben, konterte Testbiotech und warf den Forschen Industrienähe vor.
GRACE (GMO Risk Assessment and Communication of Evidence) ist ein von der EU 2012 gestartetes und finanziertes Forschungsprojekt. Es soll unter anderem untersuchen, wie aussagekräftig 90-Tage-Fütterungsstudien für die Risikoabschätzung von Gentech-Pflanzen sind. Im Oktober veröffentlichten GRACE-Forscher Ergebnisse einer solchen Fütterungsstudie in der Zeitschrift Archives of Toxicology. Das Ergebnis: Bei den mit MON810 gefütterten Ratten hätten sich keine negativen gesundheitlichen Ergebnisse gezeigt. Veröffentlich hatten die Forscher auch die Rohdaten des Versuchs.
Diese Daten wertete Testbiotech aus und präsentierte Anfang November das Ergebnis: „Insbesondere erscheint inakzeptabel, dass eine signifikante Abnahme des Gehalts an Gesamtprotein (Gesamteiweiß) im Serum, die Verringerung des Pankreasgewichts und die Erhöhung des Glukosespiegels bei den Versuchstieren als toxikologisch nicht relevant eingeschätzt wird.“ In einem offenen Brief hielten die GRACE-Forscher dagegen, dass diese beobachteten Abweichungen nicht auf den Gentechnik-Mais im Futter zurückzuführen seien. In einer Replik blieb Testbiotech dabei, dass der Versuch „biologisch relevante, statistisch signifikante und dosisabhängige Effekte“ gezeigt habe.
Keine Reaktion der Forscher gab es auf einen anderen Vorwurf von Testbiotech: „Der führende Autor der GRACE-Studie, Pablo Steinberg, hat aktive Verbindungen zu industrienahen Einrichtungen wie dem International Life Science Institute (ILSI). Er ist zudem selbst einer der Herausgeber von Archives of Toxicology.“ Auch die leitenden Herausgeber der Zeitschrift, Jan G. Hengstler und Hermann Bolt, hätten enge Verbindungen zur Industrie. Testbiotech wirft den Autoren deshalb vor, „ihre Ergebnisse in einem Journal mit zu großer Nähe zur Industrie veröffentlicht zu haben. Möglicherweise sollte auf diese Weise eine genauere Prüfung der Daten vermieden werden.“
Auch an der Unabhängigkeit von GRACE selbst zweifelt Testbiotech. „Etwa die Hälfte der Experten, die bei GRACE mitarbeiten, kann Organisationen zugeordnet werden, die ganz oder teilweise von der Gentechnik-Industrie finanziert werden“, heißt es in einer Analyse von 2013. Zudem seien viele GRACE viele Personen beteiligt sind, „die auch für die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA tätig waren oder sind. Deshalb sei zu erwarten, „dass GRACE die heftig umstrittenen Standards der EFSA eher rechtfertigen als infrage stellen wird.“
Der Streit ist vermutlich nur der Auftakt zu einer noch intensiveren Auseinandersetzung. Denn die GRACE-Forscher führen auch eine einjährige Fütterungsstudie durch.