Das deutsche Landwirtschaftsministerium hat sich auf der Sitzung der EU-Agrarminister für neuartige gentechnische Züchtungsmethoden stark gemacht. Das meldete der Informationsdienst Gentechnik. Er berief sich dabei auf Angaben eines Pressesprechers, wonach Deutschland und „viele“ andere EU-Länder, darunter Großbritannien, die Niederlande und Dänemark die Befürchtung geäußert hätten, Züchtungsfortschritte könnten blockiert werden, wenn solche Techniken unter das Gentechnik-Recht fielen. Im Protokoll der Sitzung (S.9) heißt es, Deutschland und einige andere Staaten hätten auf eine rechtliche Klärung der Frage gedrängt. In der Sitzungsvorlage hatte die deutsche Delegation vor allem die wirtschaftliche Bedeutung der neuen Techniken für die Tier- und Pflanzenzüchtung, aber auch für die Entwicklung von Medikamenten hervorgehoben.
Zu diesen neuen Züchtungstechniken zählen Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese (ODM), Zinkfinger-Nuklease (ZFN), CRISPR/Cas oder Talen. Das sind biotechnologische Verfahren, die gezielt in das Erbgut von Pflanzen eingreifen, indem sie dort vorgegebene Mutationen hervorrufen. Nach Ansicht von Bio- und Umweltverbänden handelt es sich dabei um gentechnische Eingriffe, so dass damit gezüchtete Pflanzen unter das EU-Gentechnikrecht fallen und entsprechend zugelassen werden müssten. Dabei können sie sich auf ein Gutachten des Juristen und ehemaligen EU-Beamten Ludwig Krämer stützen. Die Saatgutkonzerne und einige Behörden, darunter das Bundeslandwirtschaftsministerium lehnen eine solche Einordnung ab und wollen, dass diese Pflanzen ohne Auflagen kommerziell angebaut werden dürfen. Die EU hat den deutschen Bestrebungen, eine erste ODM-Pflanze, den Cibus-Raps, aus dem Gentechnikrecht auszunehmen, auf Eis gelegt und erklärt, sie werde selbst bis Ende Jahres über die Einordnung dieser neuen Züchtungstechniken entscheiden.
Bereits im Vorfeld der Ministerrats-Sitzung hatten mehrere Organisationen Minister Schmidt aufgefordert, sich „dafür einzusetzen, dass diese neuen Methoden als Gentechnik im Sinne der Richtlinie 2001/18/EG eingeordnet werden.“ Sie schrieben ihm: „Im Dokument, das Ihr Ministerium für das Treffen des Ministerrates erstellt hat, werden vorwiegend ökonomische Gründe angeführt, um zu zeigen, wie wichtig die neuen Technologien angeblich sind. Wir weisen jedoch darauf hin, dass laut EU-Richtlinie ökonomische Gründe nicht dafür ausschlaggebend sein dürfen, ob neue Technologien vom Gentechnikgesetz ausgenommen werden oder nicht. Darüber hinaus besteht ein erhebliches Schutzbedürfnis für die Umwelt, die Verbraucher und die gentechnikfreie Landwirtschaft.“