Neue biotechnologische Züchtungsmethoden wie die Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese (ODM) fallen eindeutig unter das Gentechnikrecht der EU. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, dass das Bundessamt für Naturschutz in Auftrag gegeben hatte. Dessen Autor ist der Juraprofessor Tade Matthias Spranger von der Universität Bonn. Er beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem Biomedizin- und Gentechnikrecht und ist Mitglied der Senatskommission für Grundsatzfragen der Genforschung der Deutschen Forschungsgesellschaft DFG. Nach dem Gutachten des Umweltrechtlers und ehemaligen EU-Beamten Ludwig Krämer ist dies die zweite Arbeit, in der ein ausgewiesener Experte zu dem Ergebnis kommt, dass bestimmte neue biotechnologische Züchtungsmethoden unter das EU-Gentechnikrecht fallen –und damit zulassungspflichtig sind. Betrachtet hat Spranger neben ODM die Techniken CRISPR (Clustered Regularly Inter-spaced Short Palindromic Repeats), ZFN (Zinkfingernuklease) und TALEN (Transcription activator-like Nukleasen).
Kurzen Prozess macht der Jurist mit der Argumentation etwa des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, dass die neuen Techniken lediglich Punktmutationen auslösen, wie sie auch spontan unter natürlichen Bedingungen entstehen können. „Bei den mittels ODM oder vergleichbarerer neuer Techniken bewirkten Veränderungen werden zielgerichtet in einem Organismus Veränderungen vorgenommen, die in dieser Weise in diesem konkret zur Beurteilung anstehenden Organismus mit Sicherheit nicht aufgetreten wären“, heißt es in der Zusammenfassung. Zudem sei zu berücksichtigen, „dass die betreffenden Verfahren häufig hintereinander angewendet werden können – mit der Folge, dass es dann in der Summe zu längeren Veränderungen bis hin zum kompletten Genom-Austausch im Zielorganismus kommen kann.“
Die neuen Verfahren könnten auch nicht einfach Mutagenese gezählt werden. Unter diesem Begriff sei ausdrücklich nur die konventionelle – also etwa mittels Bestrahlung oder über chemische Substanzen herbeigeführte – Mutagenese erfasst. Angesichts der vollkommen unzureichenden Sicherheitsdaten für die neuen Technologien sei es unmöglich, diese unter diese klassische Technik einzuordnen. Statt dessen müsse das Vorsorgeprinzip greifen. Das sei von „entscheidender Wichtigkeit für das ganze europäische Umweltrecht“ und damit auch für die Interpretation der Gentechnik-Vorschriften.