Schweizer Ethikkommission: Beim Züchten kommt es auf das Verfahren an

Bei der Bewertung neuartiger Methoden der Pflanzenzüchtung genügt es nicht, die Risikobeurteilung auf das fertige Produkt zu beschränken. Auch das jeweils angewandte Verfahren müsse einbezogen werden. Zu diesem Schluss kommt die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Außerhumanbereich (EKAH), die den Schweizer Bundesrat berät. Sie sieht deshalb „keinen Grund, die Anforderungen sowohl an die Verfahren, bei denen Gentechnik im Spiel ist, als auch an die Produkte, bei denen gentechnische Veränderungen nachweisbar bleiben, zu senken.“ Auch bei Produkten, bei denen sich der gentechnische Eingriff später nicht nachweisen lasse, könne eine angemessene Risikobeurteilung „nur unter Berücksichtigung des Verfahrens erfolgen, mittels dessen sie hergestellt wurden.“

Mit dieser Position widersprechen die Schweizer Ethiker der von der EU-Kommission, den deutschen Behörden und den Genetchnik-Konzernen favorisierten Argumentation. Diese geht davon aus, dass eine durch gezielte gentechnische Eingriffe hervorgerufene Mutation sich im Nachhinein nicht von einer zufälligen natürlichen Mutation unterscheiden lässt. Deshalb sei die so entstandene Pflanze ebenso zu beurteilen wie eine konventionell gezüchtete. Das gentechnische Verfahren spiele keine Rolle, das Gentechnikgesetz sei nicht anwendbar und die Pflanze müsse auch nicht gekennzeichnet werden ist bisher im Deutschland die regierungsamtliche Position.

Das sehen die Schweizer Ethikberater anders. Sie legen Wert auf das Selbstbestimmungsrecht der Verbraucher und empfehlen deshalb für Produkte, die durch neuartige Züchtungsverfahren hergestellt wurden, geeignete Deklarationsvorschriften einzuführen. „Diese sollen sowohl über die Inhalte des Produkts als auch über das Verfahren, mit dem es hergestellt wurde, ohne Einschränkung Auskunft geben“, heißt es in dem Bericht der EKAH. Sie geht auch darauf ein, dass die neuartigen Züchtungsverfahren langfristig den Saatgutmarkt beherrschen könnten. „Saatguthersteller, Züchterinnen und Landwirte haben das Recht, Saatgut, Züchtungsverfahren und Anbaumethoden frei zu wählen“, postulieren die Ethiker und nehmen den Staat in die Pflicht. „Führen bestimmte Verfahren und Produkte zu einer faktischen Verdrängung und Einschränkung einer diversifizierten Saatgutproduktion und damit der Agrobiodiversität, dann ist der Staat moralisch verpflichtet, alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um die Grundlagen einer vielfältigen Nahrungsmittelproduktion langfristig zu erhalten.“