Auch in der letzten Woche gab es unter den EU-Mitgliedstaaten keine qualifizierte Mehrheit für eine erneute Zulassung des Herbizids Glyphosat. Frankreich, die Niederlande, Italien und Schweden signalisierten, dass sie gegen die Neuzulassung stimmen würden. Deutschland musste sich enthalten, weil die SPD-Ministerien aus Angst vor weiteren Wählerverlusten die Notbremse gezogen hatten. Auch mehrere osteuropäische Regierungen hätten laut Süddeutscher Zeitung (SZ) eine Zulassung abgelehnt. Die EU-Kommission vertagte daraufhin die Entscheidung, die derzeitige Zulassung des Wirkstoffs läuft Ende Juni aus. Umwelt- und Bioverbände wertete die erneute Vertagung als einen Sieg und griffen die Kommission scharf an.
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren begrüßte „diese Denkpause“ und forderte die Bundesregierung auf, sich gegen die Wiederzulassung des Ackergiftes einzusetzen. Bioland-Präsident Jan Plagge forderte die EU-Kommission auf, nicht weiter zu pokern, sondern endlich die Bedenken vieler Mitgliedstaaten ernst zu nehmen und Glyphosat zu verbieten. Totalherbizide wie Glyphosat seien Haupttreiber des dramatischen Artenverlusts in der Agrarlandschaft und dürften nicht mehr zugelassen werden. Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), warf der EU-Kommission vor, sie sei zu feige, den Tatsachen ins Auge zu blicken: „Zum zweiten Mal hat es die Kommission nicht gewagt, die Mitgliedstaaten abstimmen zu lassen, denn sie hätte keine qualifizierte Mehrheit für die Wiederzulassung von Glyphosat zustande gebracht.“ Die Kommission müsse die Hängepartie umgehend beenden und Glyphosat die Wiederzulassung verweigern, forderte Weiger.
Doch die Kommission spielt auf Zeit. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt teilte mit, die EU-Kommission habe „die Möglichkeit einer befristeten Verlängerung der aktuellen Zulassung zur Überbrückung bis zu einer abschließenden Abstimmung ins Gespräch gebracht.“ Formal könnte die Kommission bei einem wiederholten Patt – so wie bei Gentechnik-Zulassungen auch – alleine über die Zulassung entscheiden. „Dass die Kommission in der politisch sensiblen Frage wichtige Mitgliedstaaten überstimmt, gilt jedoch als unwahrscheinlich“, schrieb die SZ. Würde die Zulassung Ende Juni auslaufen, dürften glyphosathaltige Mittel noch für eine Übergangsfrist von sechs Monaten verkauft und für weitere zwölf Monate genutzt werden. Ende 2017 wäre dann endgültig Schluss.