Die Fachbehörden des Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) haben einen Bericht zum Stand des Genome Editings vorgelegt. Sie sehen in den neuen gentechnischen Verfahren vor allem Chance für die Pflanzen- und Tierzüchtung und kaum Risiken. Auf die strittige rechtliche Einordnung von Genome Editing Verfahren geht der Bericht nicht ein.
Die an dem Bericht beteiligten Behörden kommen zu dem Schluss, dass die angewandten Verfahren sehr selten zu unerwünschten Nebeneffekten führen. Zudem gebe es „zuverlässige und ausreichend sensitive Nachweisverfahren.“ Ihr Fazit: „Das Genome Editing stellt nach jetzigem Kenntnisstand eine deutliche Verbesserung in Präzision, Effizienz und Kontrollierbarkeit gegenüber bisherigen Genmodifikations- und Gentransferverfahren dar“. Diese Aussage steht in deutlichem Gegensatz etwa zur Stellungnahme der europäischen Wissenschaftlervereinigung ENSSER. Mehrere von ENSSER zitierte Studien zu Nebeneffekten fehlen im Literaturverzeichnis des BMEL-Berichts. Zu einer bekannten Studie, die über unerwartete Nebeneffekt bei mit CRISPR/Cas9 behandelte Mäuse berichtete, heißt es lediglich: „Die Publikation wurde wegen der unzureichenden statistischen Aussagekraft und das Fehlen von Kontrollen kritisiert.“ Völlig ausgeblendet wurde das Thema Gene Drives mit dem Argument: „Die Verwendung von Gene Drive-Systemen in der Pflanzen- oder Tierzüchtung ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand unwahrscheinlich.“ Im Vorwort wird darauf hingewiesen, dass auch eine Stellungnahme des Bundesamtes für Naturschutz eingeholt worden sei. „Die Anmerkungen des BfN wurden nicht vollständig übernommen“, heißt es dazu. Das BfN steht dem Genome Editing kritisch gegenüber und hat wiederholt gefordert, diese Techniken strikt zu regulieren.
Der Bericht befasst sich auch mit der Nachweisbarkeit der gentechnischen Veränderungen und kommt zu dem Schluss: „Ob nachgewiesene genetische Veränderungen durch Techniken des Genome Editing oder andere Techniken erzeugt wurden, ist nicht zweifelsfrei zu klären.“ Was daraus für die Regulierung der neuen gentechnischen Verfahren folgt, bleibt außen vor. „Die rechtliche Einordnung von Organismen, die mit Hilfe der neuen Techniken verändert wurden“, war explizit nicht Gegenstand des Berichts. Allerdings findet sich im Kapitel Pflanzenzüchtung der Hinweis, dass das Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Produkte sehr langwierig und teuer sei und gerade in Europa die Akzeptanz begrenze. „Genome Editing ermöglicht über einen kleinen genomischen Eingriff bei entsprechenden regulatorischen Rahmenbedingungen auch bei kleineren Kulturen wie Gemüse eine wirtschaftliche und gezielte züchterische Verbesserung.“
Ausführlich geht der Bericht auf aktuelle Anwendungen in der Pflanzen- und Tierzucht ein. Als Beispiele erwähnt er Mehltauresistenz bei Weizen, gegen Mosaikviren widerstandsfähige Gurken oder die Entfernung allergener Eiweiße in Pflanzen, Milch und Hühnereiern. Auch bei Zuchttieren seien Genome-Editing-Verfahren laut Bericht „erfolgreich eingesetzt worden“. Als Beispiele werden Krankheitsresistenzen bei Schweinen und Rindern genannt. Eine stärkere Ausbildung der Skelettmuskulatur sei „erfolgreich bei Rind, Schwein, Schaf und Ziege gezeigt worden.“ Vorgestellt wurde der Bericht Ende November auf der 3. Dialogveranstaltung zu den neuen molekularbiologischen Techniken des BMEL.