Die Grünen: Ist ein bisschen Gentechnik o.k.?

Die Partei Bündnis 90/Die Grünen streitet über ihre Position zu neuen gentechnischen Verfahren in der Landwirtschaft. Zwar sind es nur wenige Stimmen, die sich für eine Neubewertung aussprechen. Doch sie bestimmen in der Öffentlichkeit die Debatte.

Eröffnet hatte den Reigen der neue Bundesvorstand von Bündnis90/Die Grünen im April mit einem Impulspapier. Darin betonte er mögliche positive Wirkungen neuer gentechnischer Verfahren. Nun legte im Spiegel die grüne baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer nach. Sie lobte Gentechnik-Scheren wie Crispr/Cas als „hochpräzise“ und lobte deren Möglichkeiten: „Die neuen Verfahren können im Vergleich zu früher in kürzerer Zeit und mit weniger Mitteleinsatz zu denselben genetischen Ergebnissen führen“, schrieb die Ministerin. „Zeit und Geld sind gleichzeitig die wesentlichen Ressourcen im Kampf gegen die Klima- und Umweltzerstörung, für die Ernährungssicherheit bei wachsender Weltbevölkerung und bei medizinischen Therapien.“ Ihre Partei solle „den Stand der Wissenschaft anerkennen. Und der Gentechnik eine Chance geben.“

In der Frankfurter Rundschau gab die frühere grüne Landwirtschaftsministerin Renate Künast contra: „Wie kann man dem Lobbyismus derart auf den Leim gehen und glauben, dass eine einzige technische Methode die Lösung für umfassende globale Probleme ist“, fragte sie. Zwar sei die Funktionsweise der neuen Gentechnik bekannt, doch „wir wissen nicht, welche biochemischen Prozesse innerhalb der Zelle dabei betroffen sind oder welche Auswirkungen Crispr/Cas auf Ökosysteme und Artenvielfalt hat.“ Technische Lösungen wie die neue Gentechnik könnten nicht die Notwendigkeit zu einem anderen Lebensstil und einer globalen Agrarwende ersetzen.

Ähnlich wie Künast argumentieren 21 agrarpolitische Sprecher und Minister der Grünen auf Landes-, Bundes- und Europaebene. Sie fordern eine strikte Regulierung der neuen Verfahren nach dem EU-Gentechnikrecht: „Nur mit einer strengen Regulierung und einem entsprechenden Monitoring zum Verhalten der Organismen lassen sich die Auswirkungen der neuen Gentechnikmethoden erfassen und kontrollieren.“

Harald Ebener, der Gentechnikexperte der Grünen im Bundestag, wies darauf hin, dass die baden-württembergischen Grünen erst im Mai bei ihrem Landesparteitag ohne Gegenstimme beschlossen hätten, dass auch neue Verfahren wie Crispr/Cas klar als Gentechnik geregelt werden müssten. Von der Wissenschaftsministerin Theresa Bauer habe es keine Gegenrede gegeben. „Hinterhergeschobene Belehrungen über Medienbeiträge sind da wenig konstruktiv“, schimpfte Ebner gegenüber dem Informationsdienst Gentechnik. Auf seiner Webseite hat er die Programm- und Positionspapiere der Partei zusammengestellt, die Crispr/Cas einhellig kritisch sehen und eine Regelung der neuen Verfahren nach dem Gentechnikrecht fordern.