Jahrelang haben deutsche Behördenvertreter den Politikern erzählt, Genome Editing sei nicht nachweisbar. Zuletzt im März 2018. Jetzt schreiben sie plötzlich das Gegenteil und präsentieren ein neues Argument, warum Genome Editing, also neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas, nicht als Gentechnik eingestuft werden sollte: Das würde den Welthandel stören.
Im Juni 2018 erschien in der Zeitschrift Frontiers in Bioengeneering und Biotechnology ein Bericht vom 14. Symposium über die Biosicherheit gentechnisch veränderter Organismen (GVO). Diese zweijährliche Veranstaltung wird von der industrie-finanzierten International Society for Biosafety Research (ISBR) organisiert und von Monsanto und dem weltweiten Pestizidherstellerverband Crop Life gesponsert. Verfasst hatten den Beitrag im wesentlichen drei Mitarbeiter des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und des bundeseigenen Julius-Kühn-Instituts (JKI), die aktiv an der Gestaltung der Tagung beteiligt waren. Sie schreiben darin, dass die meisten Eingriffe mit Genome Editing eine klare Signatur im Erbgut hinterlassen. Werde diese Signatur durch den Entwickler offengelegt, könne mit der gleiche Technologie wie bei herkömmlicher Gentechnik die Veränderung nachgewiesen und das Produkt überwacht werden. „Zusammengefasst: Die Nachweisbarkeit von genomeditierten Produkten, die auf den Markt kommen, unterscheidet sich nicht wesentlich von denen anderer gentechnisch veränderter Organismen“, heißt es in dem Bericht, auf den die Organisation Testbiotech aufmerksam gemacht hatte.
Noch im März 2018 hatten die Fachbehörden des Bundeslandwirtschaftsministeriums einen Bericht zu den neuen gentechnischen Verfahren vorgelegt, an dem die drei Mitarbeiter von BVL und JKI maßgeblich beteiligt waren. Anders als in dem oben genannten Bericht schreiben die Behördenexperten hier, dass das Genome Editing generell keine spezifischen Spuren im Genom hinterlasse, die Rückschlüsse auf die verwendete Technik zuließen. Deshalb kamen sie zu dem Ergebnis: „Ob nachgewiesene genetische Veränderungen durch Techniken des Genome Editing oder andere Techniken erzeugt wurden, ist nicht zweifelsfrei zu klären.“
In beiden Berichten plädieren die Behördenexpertene – ebenso wie die Gentechnikkonzerne – dafür, die neuen Verfahren zur Veränderung des Erbgutes nicht als Gentechnik einzuordnen, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden. In ihrem neuen Aufsatz begründen sie dies mit möglichen Handelshindernissen. Sich widersprechende Regulierungen von Produkten, die mit Genome Editing hergestellt wurden, würden den Welthandel stören und Regelungen der Welthandelsorganisation WTO widerspechen. Unerwähnt bleibt, dass die USA und die EU seit über zwanzig Jahren herkömmliche GVO sehr unterschiedlich regulieren – weil die EU, im Gegensatz etwa zu den USA, auf das Vorsorgeprinzip setzt.