CRISPR/Cas bringt das Erbgut durcheinander

Die Gentechnik-Schere CRISPR/Cas verursacht beim Schneiden mehr Schäden im Erbgut als bislang bekannt. Das zeigt eine Studie britischer Wissenschaftler, die in der Zeitschrift Nature Biotechnology veröffentlicht wurde.

Die Forscher des Sanger Institute stießen zuerst zufällig auf die Veränderungen und untersuchten daraufhin systematisch das Erbgut verschiedener Zelllinien von Mäusen und Menschen, nachdem mit CRISPR/Cas einzelne Gen-Sequenzen aus dem Erbgut entfernt worden waren. Dabei zeigte sich, dass der Eingriff in bis zu 20 Prozent der Fälle zu unerwarteten Defekten im Erbgut geführt hatte. Mal gingen größere Stücke DNA verloren, andere Erbgutschnipsel wurden umgedreht oder an einer falschen Stelle eingebaut.

Dies sei die erste systematische Suche nach unerwarteten Nebeneffekten von CRISPR/Cas in therapeutisch relevanten Zellllinien gewesen, sagte Professor Allan Bradley, einer der Autoren der Studie. Er riet dazu, beim Einsatz der Gentechnik-Schere in der Gentherapie beim Menschen vorsichtig vorzugehen und sehr sorgfältig nach möglichen schädlichen Effekten zu suchen. Bereits vor einigen Wochen hatte ein schwedisches Forscherteam gemeldet, dass CRISPR/Cas indirekt die Entstehung von Krebs fördern könnte. Die Wissenschaftler waren darauf gestoßen, dass CRISPR/Cas besonders gut in Zellen funktioniert, denen ein bestimmtes Protein für die DNA-Reparatur fehlt. Gerade solche Zellen neigen aber dazu dazu, unkontrolliert zu wachsen und sich zu Tumorzellen zu entwickeln. „Transplantieren wir solche Zellen einem Patienten, könnten wir demnach versehentlich die Entstehung von Krebs fördern“, zitierte das Wissenschaftsmagazin Scinexx einen der Studienautoren.

Beide Studien beschäftigten sich mit dem Einsatz gentechnisch veränderter Zellen zu therapeutischen Zwecken bei Menschen. Doch die Ergebnisse könnten auch für die Anwendung von CRISPR/Cas und anderen Gentechnik-Scheren bei Tieren und Pflanzen relevant sein. Das Portal GMWatch zitierte den Londoner Molekularbiologe Michael Antoniou. Er argumentierte, dass für die beobachteten Effekte der Reparaturmechanismus der Zelle verantwortlich sei. Es helfe deshalb nichts, CRISPR noch zielgenauer oder effektiver zu machen, die Effekte blieben die gleichen. Dem widersprach in der Süddeutschen Zeitung ein bekannter Gentechniker mit dem Argument, dass große DNA-Abschnitte nur verloren gehen könnten, „wenn die Crispr-Technologie zum Schneiden der DNA eingesetzt werde. Zahlreiche Anwendungen zielten jedoch darauf ab, lediglich einzelne Bausteine in Genen zu verändern oder Gene stumm zu schalten.“ Doch auch dabei wurden immer wieder unerwünschte Nebeneffekte nachgewiesen, wie die Organisation Testbiotech bereits 2017 in einem Bericht zusammenstellte.