Die Unterlagen für die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen stammen überwiegend von deren Herstellern oder wurden von ihnen in Auftrag gegeben. Kritische Ergebnsisse sind deshalb nicht zu erwarten. Die Behörden prüfen diese Unterlagen, aber sie geben so gut wie nie eigene Untersuchungen in Auftrag. Kurz gesagt: Sie bewerten Risiken überwiegend auf Grundlage von Forschungsergebnissen der Industrie.
Das Institut Testbiotech hat ein Gutachten veröffentlicht, das aufzeigt, wie eine vorsorgeorientierte und industrieunabhängige Risikoforschung finanziert werden könnte. Es schlägt dazu eine staatliche Abgabe auf „das Herstellen und Inverkehrbringen von Stoffen und Produkten der Gen- und Biotechnologie“ vor. Verfasst hat dieses Gutachten die Berliner Rechtsanwältin Cornelia Ziehm.
Sie argumentiert, dass das Grundgesetz den Staat dazu verpflichte, eine vorsorgeorientierte, nicht interessengeleitete Risikoforschung zu etablieren. Nur so könne er seine Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung und der Umwelt wahrnehmen. Allerdings würden staatliche Institutionen nur in begrenztem Umfang Risikoforschung betreiben. Zudem sei „teils eine mehr oder weniger große ‚Nähe’ von Mitarbeitern der staatlichen Forschungs- bzw. Bewertungseinrichtungen zur Gen- und Biotechnologieindustrie festzustellen.“ Die universitäre Forschung werde zunehmend durch Drittmittel bestimmt und sei stärker an Innovation und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet, als an einer systematischen Überprüfung von Risiken für Mensch und Umwelt.
In ihrem Gutachten verweist Ziehm darauf, das bereits in der EU-Freisetzungsrichtlinie von 2001 eine unabhängige Risikoforschung verlangt und die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen. Für eine Abgabe spricht laut Ziehm auch das Verursacherprinzip. Es verpflichte den Verursacher nicht nur zum Ausgleich entstandener Schäden sondern auch dazu, die Kosten für die Vermeidung und Verringerung von Schäden zu tragen. Gerade das sei Sinn und Zweck einer vorsorgeorientierten Risikoforschung. Als Beispiel verweist Ziehm auf das Atomrecht, in dem die Forschung zur sicheren Endlagerung radioaktiver Abfälle von den Verursachern dieser Abfälle finanziert werden müsse. Auch die Tätigkeit von Aufsichtsbehörden könne in risikobehaftetetn Bereichen durch eine Abgabe sichergestellt oder unterstützt werden, schreibt Ziehm und nennt als Beispiel die Finanzdienstleistungsbranche. Sie bezahlt durch eine Umlage die Arbeit der Aufsichtsbehörde BaFin. „Es ist nicht ersichtlich, warum diese Erwägungen nicht gleichermaßen für die Branche der Gen- und Biotechnologie gelten sollen“, argumentiert die Rechtsanwältin.
Für die Mittelvergabe schlägt sie einen Fonds vor, in dessen Beirat Umwelt- und Verbraucherschutzverbände mitwirken könnten. Für Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech, ist diese Einbindung der Zivilgesellschaft unverzichtbar: „Wir haben in den letzten zehn Jahren die Erfahrung gemacht, dass die Risiken der Gentechnik nur dann genauer untersucht werden, wenn die Zivilgesellschaft sich einmischt.“