Im August 2018 hatte eine Jury in San Francisco dem krebskranken Schulgärtner Dewayne Johnson 289 Millionen US-Dollar (rund 250 Millionen Euro) zugesprochen. Die für den Fall zuständige Richterin will allerdings dem Spruch der Jury nicht folgen und die Schadenersatzzahlungen zusammenstreichen.
Der Fall Dewayne vs. Monsanto ist die am weitesten fortgeschrittene von rund 8.700 Klagen von US-Bürgern, die Roundup für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen. Der Ausgang dieses Prozesses gilt als Signal für alle diese Verfahren, die zumeist als Sammelklagen eingebracht wurden. Als die Jury im August Bayer zu 250 Millionen Euro Schadensersatz verurteilte, brach deshalb der Aktienkurs von Bayer massiv ein. Das Unternehmen habe zeitweise 15 Milliarden Euro an Wert verloren, schrieb die Wirtschaftswoche. Die Jury-Mitglieder waren überzeugt davon, dass Johnsons Krebserkrankung durch das glyphosathaltige Herbizid Roundup von Monsanto verursacht worden war und sprachen ihm deshalb 34 Millionen Euro Schadenersatz zu. Zudem zeigten sie sich überzeugt, dass der Konzern um die Krebsgefahr seines Produktes wusste und sie verheimlichte. Deshalb verurteilte die Jury Monsanto zur Zahlung von weiteren 216 Millionen Euro. Monsanto-Eigentümer Bayer legte gegen diesen Spruch der Jury Berufung ein.
Die Richterin Suzanne Ramos Bolanos hatte das Jury-Verfahren geleitet und muss nach US-Recht den Spruch der Jury bestätigen – oder ihre Einwände geltend machen. Sie erklärte nach einer mündlichen Verhandlung letzte Woche, dass sie die Entscheidung der Jury nicht teile. Die Klägerseite hätte keine „klaren und überzeugenden Beweise“ für vorsätzliches Fehlverhalten von Monsanto vorgelegt. Deshalb sei der von der Jury erhängte Strafzuschlag von 216 Millionen Euro nicht gerechtfertigt. Zudem stellte die Richterin auch in Frage, ob Roundup ursächlich für Johnsons Krebs verantwortlich und die ihm persönlich zugesprochene Entschädigung in Höhe von 34 Millionen Euro angemessen sei. Richterin Bolanos gab den beiden Prozessparteien Gelegenheit, ihre Argumente zu dieser vorläufigen Entscheidung schriftlich einzureichen. Danach will sie endgültig ihr Urteil fällen. Sie kann entweder die von der Jury beschlossenen Schadensersatzzahlungen verringern oder einen neuen Prozess anberaumen. Mehrere Jury-Mitglieder appellierten an die Richterin, die einmütige Entscheidung der Jury zu respektieren. Ein Mitglied schrieb ihr, die Jury habe sich im Verfahren strikt an die Erläuterungen und Vorgaben der Richterin gehalten. Sollte diese jetzt die Entscheidung einkassieren, „würde das unser Rechtssystem schwächen und mein Vertrauen in dieses System erschüttern.“
Die Nachricht von der vorläufigen Entscheidung der Richterin ließ die Bayer-Aktie um fünf Prozent nach oben schnellen. Nun schauen die Aktionäre auf die nächsten anstehenden Verfahren: Jury-Verhandlungen für weitere Sammelklagen sind für den 5. Februar 2019 in St. Louis und für den 25. Februar 2019 in San Francisco angesetzt.