Umweltministerin Schulze bringt Glyphosatausstieg wieder ins Gespräch

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat ihren Plan für den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung des Herbizids Glyhosat vorgelegt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner reagierte verschnupft. Sie hatte ihre Vorstellungen schon im April verkündet, seither aber nichts mehr zu dem Thema von sich hören lassen. Damit zeichnet sich ab, dass sich beide Ministerien wie schon in der letzten Legislaturperiode gegenseitig blockieren und beim Glyphosatausstieg nichts vorangeht.

Schulze hat vorgeschlagen, die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung zu ändern. Dort soll festgeschrieben werden, den Glyphosateinsatz mit Ablauf der Wirkstoffzulassung auf EU-Ebene und der vorgeschriebenen Übergansfrist Ende 2023 verbindlich und umfassend zu beenden. Bis dahin soll das Versprühen von Glyphosat in ökologisch sensiblen Gebieten und in Wasserschutzgebieten ebenso verboten werden wie für die Vorsaat- und Stoppelbehandlung sowie die Sikkation im Ackerbau. Diese Teilverbote dürften nicht durch pauschale Rückausnahmen leerlaufen, fügte die Umweltministerin hinzu.

Brisanter als diese Absichtserklärungen sind die Auflagen zum Schutz der Artenvielfalt, die das Umweltbundesamt (UBA) bei der Neuzulassung der bereits auf dem Markt befindlichen glyphosathaltigen Pestizide durchsetzen will. Für deren Neuzulassung ist das dem Landwirtschaftsministerium unterstehende Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zuständig. Es braucht dafür allerdings das Einvernehmen des Umweltbundesamtes. Das UBA verlangt künftig bei allen Pestiziden, die die Artenvielfalt nachweislich schädigen, dass Landwirte, die diese Mittel einsetzen, ab dem 1. Januar 2020 Biodiversitätsfläche vorhalten. Dazu zählen Blühflächen, Brachen sowie Getreideäcker mit geringer Saatdichte. Im Schnitt soll der Anteil dieser Flächen bei zehn Prozent liegen, je nach ökologischer Wertigkeit. Das UBA habe dem BVL „die ersten Bescheide übermittelt, die diese neuen Auflagen für die Zulassung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel enthalten“, schreibt das Umweltministerium und zitiert UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: „Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit muss diese Anwendungsbestimmungen nun in die Zulassung übernehmen, sonst sind die Produkte nicht zulassungsfähig.“

Bundeslandwirtschaftministerin Julia Klöckner erklärte, ihr Ministerium habe „intensive Gespräche mit dem BMU angestoßen und geführt.“ Nun sei es wichtig, „zügig zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen und den Entwurf endlich in die Ressortabstimmung zu geben.“ In ihrer 100-Tage-Bilanz vom 19. Juni 2018 hatte die Ministerin noch erklärt, der „Verordnungsentwurf ist in der Ressortabstimmung.“ In ihrem Statement bezeichnet sie die geplanten Verbote des BBM indirekt als nicht rechtssicher. Auf die Bescheide des UBA zielt die Bemerkung: „Dabei hilft es auch nicht in der Sache, bereits geregelte Zuständigkeiten wieder einmal in Frage zu stellen.“ Weiterhin behauptet Klöckner: „Bereits in den vergangenen fünf Jahren haben wir durch restriktive Vorgaben den Einsatz von Glyphosat um ein Drittel reduziert.“ Die Zahlen des BVL zeigt, dass das nicht stimmt: 2013 wurden in Deutschland 5113 Tonnen Organophosphor-Herbizide verkauft; bei dieser Kategorie handelt es sich fast ausschließlich um Glyphosat. 2017 waren es 4694 Tonnen. Reduktion neun Prozent.

Bioland begrüßte den Vorstoß der Umweltministerin und die Vorgaben des Umweltbundesamtes: „Es ist ein bereits lange fälliger Schritt, dass für jedes biodiversitätsschädigende Pflanzenschutzmittel verbindliche Vorgaben zur Anlage von Ausgleichsflächen gemacht werden“, sagte Bioland-Sprecher Gerald Wehde. Weitere Schritte einer konsequenten Anwendung des Verursacherprinzips müssten folgen: „Deshalb fordert Bioland zusätzlich die Einführung einer Pestizidabgabe.“ Auch der Umweltverband NABU begüßte Schulzes Vorstoß. „Nun liegt es an Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, den Vorschlägen der Bundesumweltministerin zur schrittweisen Reduktion des Glyphosat-Einsatzes zuzustimmen. Da Frau Klöckner keine Gelegenheit verpasst, ihren Willen zum Schutz der biologischen Vielfalt zu betonen, sollte sie diese Chance nutzen. Ansonsten droht ihr ein empfindlicher Glaubwürdigkeitsverlust“, sagte NABU-Geschäftsführer Leif Miller

Katrin Göring-Eckardt, die grüne Fraktionschefin im Bundestag, interpretierte den Vorstoß Schulzes als Selbstdarstellung „Das geht so nach dem Motto: Ich würde ja gerne, wenn ich könnte“, spottete die Grünen-Politikerin. Regieren bedeute aber, sich auf eine vernünftige langfristige Lösung zu einigen.

Ablehnung kam vom Deutschen Bauernverband. Dessen Präsident Joachim Rukwied erklärte gegenüber topagrar online: „Anforderungen zu Biodiversität müssten zum Beispiel über Agrarumweltprogramme realisiert werden und gehören nicht in das Pflanzenschutzrecht“. Für den Industrieverband Agrar, die Lobby der Pestizid- und Düngerhersteller, ist der Vorstoß des BMU ein „weiterer Beleg dafür, dass im deutschen Zulassungssystem tiefgreifende Reformen nötig sind.“ Ministerien und Behörden würden unkoordiniert nebeneinander herplanen.