Der Bayer-Konzern hat Rapssaatgut verkauft, das mit Spuren der gentechnisch veränderten Rapslinie GT73 verunreinigt war. Das teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) kurz vor Weihnachten mit. GT73 ist in der EU nicht für den Anbau zugelassen, es gilt die Nulltoleranz: Auch bei geringfügigen Verunreinigungen ist das Saatgut nicht verkehrsfähig und darf nicht angebaut werden.
„Alle nach Deutschland gelieferten Partien wurden mittlerweile identifiziert und einer amtlichen Kontrolle unterzogen. In einer der gelieferten Saatgutpartien wurden Anteile von ca. 0,1% GT73 festgestellt, in den übrigen wurden keine GVO-Anteile nachgewiesen“, schrieb das BVL. Aktuell ermittle man zusammen mit dem Saatguthersteller und den Länderbehörden „alle Empfänger des bereits ausgelieferten und betroffenen Saatguts“ sowie die Flächen, auf denen es bereits ausgesät worden sei. „Nach derzeitiger Erkenntnis wurde das Saatgut auf Flächen in zehn Bundesländern ausgesät“, schrieb das nordrhein-westfälische Umweltministerium. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warnte, dass Rapssaatgut 20 Jahre lang keimfähig im Boden überdauern könne. Solange bestünde auch ein Risiko, dass vereinzelt gentechnisch veränderter Raps keimen könne. „Die Verursacher müssen für den entstehenden Schaden der Bäuerinnen und Bauern aufkommen, im Zweifel der neue Monsanto-Eigentümer Bayer“, sagte die AbL-Gentechnikexpertin Annemarie Volling. Der Informationsdienst Gentechnik zitierte den Konzern mit der Aussage: „Wir arbeiten eng mit den Behörden und unseren Handelspartnern zusammen, um sicherzustellen, dass die Erzeuger keine finanziellen Nachteile erleiden werden.“
Das BVL und auch die Ministerien der Länder beklagten sich in ihren Mitteilungen am 21.12. über die schlechte Informationspolitik, die sie vor allem den französischen Behörden anlasteten, die die Verunreinigung als erste entdeckt hatten. Ein Blick auf den zeitlichen Ablauf zeigt allerdings, dass hier wohl auch deutsche Behörden geschlafen haben: Die französischen Behörden hätten die Verunreinigung im September 2018 entdeckt, am 25. Oktober 2018 öffentlich gemacht und auch die EU-Kommission informiert, schrieb das französische Portal InfOGM. Die betroffene Partie sei eine Mischung aus Rapssaat aus Argentinien und Spanien gewesen, ein Teil davon sei nach Deutschland, Tschechien und Rumänien geliefert worden. „Die Europäische Kommission informierte die Mitgliedstaaten am 12. November 2018 über den französischen Fund von GV-Raps“, schrieb der Informationsdienst Gentechnik. Offen bleibt, warum BVL und Länderbehörden die Öffentlichkeit nicht umgehend informierten. Statt dessen teilte das BVL Anfang Dezember 2018 mit, dass bei den Saatgutuntersuchungen der deutschen Behörden von Oktober 2017 bis Ende September 2018 keine gentechnischen Verunreinigungen in Rapssaatgut gefunden worden seien. Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk schrieb am 21.12., es sei „höchst ärgerlich, dass wir die Mitteilung aus Frankreich und über den bundesweiten Austausch erst jetzt erhalten haben.“ Das klingt so, als habe das BVL die Bundesländer erst an diesem tag parallel zur öffentliche Mitteilung informiert.