Die US-Landwirtschaftsbehörde APHIS hat nach Recherchen der Organisation Testbiotech bereits mehr als 20 Freigaben für Pflanzen erteilt, deren Erbgut mit Verfahren der Neuen Gentechnik verändert wurde. In keinem der Fälle habe die Behörde eine eingehende Risikoprüfung verlangt, monierte Testbiotech in einem Bericht. Dabei würden sich die freigegebenen Pflanzen in ihren Herstellungsverfahren, ihren Eigenschaften und ihren Risiken deutlich von denen aus herkömmlicher Züchtung unterscheiden.
Die Freigaben von APHIS umfassen Salat, Tomaten, Mais, Weizen, Soja, Kartoffel und andere Pflanzen. Zu den Antragstellern zählt auch das Max Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena, das gentechnisch veränderte Tabakpflanzen anbauen will. Bei knapp der Hälfte der von APHIS freigegebenen manipulierten Pflanzen wurden Inhaltsstoffe verändert. Bei anderen soll das geänderte Erbgut Vorteile bei der Verarbeitung bringen oder die Pflanze resistent gegen Krankheiten machen. Sehr viel steht in den öffentlich einsehbaren Anträgen allerdings nicht: „Die genaue Beschreibung der Zielgene ist in den meisten Fällen als vertrauliche Geschäftsinformation eingestuft“, schreibt Testbiotech. Auch sei der Stand der Entwicklung in der Regel nicht ablesbar. „Es lässt sich nur feststellen, dass die Anträge im Allgemeinen zu einem frühen Zeitpunkt gestellt werden“, heißt es in dem Bericht. Bekannt ist, dass das Unternehmen Calyxt 2018 in den USA mit dem Anbau von Sojabohnen mit verändertem Fettsäuremuster begonnen hat. 2019 sollen die Bohnen bereits auf 14.000 Hektar angebaut werden.
Testbiotech beschreibt in seinem Bericht, welche Veränderungen im Erbgut durch die Verfahren der Neuen Gentechnik hervorgerufen werden können. Diese würden sich „deutlich von denen unterscheiden, die mit herkömmlicher Züchtung erzielt werden“. So könnten Gen-Scheren wie CRISPR/Cas ganze Genfamilien auf einmal verändern, was mit bisheriger Züchtung nur schwer oder gar nicht zu erreichen sei. Entsprechend größer seien auch die mit diesen Veränderungen verbundenen Risiken. Doch diese Risiken werden in der Bewertung durch APHIS ausgeblendet. Denn die Behörde überprüft lediglich, ob die gentechnisch veränderte Organismen eine Gefahrenquelle für die Übertragung von Pflanzenkrankheiten darstellen oder als schädliches Unkraut gelten können. „Die Risiken der Gentechnik-Organismen müssen in jedem einzelnen Fall eingehend geprüft werden“, fordert Testbiotech-Geschäftsführer Christoph Then.
Doch um das Risiko prüfen und eine unerlaubte Vermarktung innerhalb der EU verhindern zu können, brauche es ein internationales Register gentechnisch veränderter Organismen (GVO). Dort müssten auch alle mit Neuer Gentechnik hergestellten Pflanzen und Tiere eingetragen werden, argumentiert Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik: „Ein passender Rahmen dafür wäre das internationale Abkommen über biologische Vielfalt, in dem bereits eine dafür geeignete Datenbank existiert.“