Wer hat das Sagen im Europäische Patentamt – Politik oder Konzerne?

Seit Jahren protestieren zahlreiche Organisationen dagegen, dass das Europäische Patentamt (EPA) Patente auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere erteilt. Auch die Bundesregierung, die EU-Kommission und die anderen europäischen Staaten lehnen solche Patente ab. Der Protest führte schließlich dazu, dass der Verwaltungsrat des EPA 2017 klarstellte, dass solche Patente nicht zulässig seien. Im Verwaltungsrat sind die Regierungen der Staaten vertreten, die das Patentübereinkommen unterschrieben haben. Dennoch erteilte das EPA weiterhin Patente auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere oder wies Widersprüche gegen frühere Entscheidungen, etwa zur Patentierbarkeit eines Paprikas durch Syngenta, zurück.

Um die Auseinandersetzung zu beenden, wies der Präsident des EPA dessen große Beschwerdekammer als oberste Berufungsinstanz an, endgültig zu klären, wer bei diesem Thema das Sagen hat: die Mitgliedsstaaten im Verwaltungsrat oder die Beschwerdekammer. Bis 1. Oktober konnten die Beteiligten Stellungnahmen abgegeben, und die gab es reichlich.

50 Organisationen unterstützten eine Sammeleinwendung, darunter waren die Menschenrechtsorganisation Oxfam und das Uweltinstitut München ebenso wie der europäische Bauernverband COPA/COGECA. Auch 25.000 Einzelpersonen unterschrieben die Eingabe. Darin heißt es:In diesem Fall kann die Befugnis des Verwaltungsrats, der sich auf die Unterstützung aller 38 Vertragsstaaten stützt, nicht einfach durch Entscheidungen eines technischen Gremiums des EPA außer Kraft gesetzt werden.“ Das Europäische Parlament verabschiedete mit großer Mehrheit eine Resolution gegen die Patentierbarkeit von Pflanzen und Tieren. Der Zugang zu genetischen Ressourcen dürfe nicht eingeschränkt werden, denn dies könne dazu führen, dass wenige multinationale Konzerne das Monopol über pflanzliches Züchtungsmaterial bekämen, argumentierten die Abgeordneten. Stellung bezogen auch die EU-Kommission, die deutsche Bundesregierung und mehrere andere EU-Staaten oder deren Patentbehörden. Sie alle kommen zu dem Schluss, dass die Entscheidung des Verwaltungsrates Vorrang haben muss vor einer Auslegung der Beschwerdekammer. Anders sehen das lediglich die Patentanwälte, die sich ebenfalls in mehreren Schreiben zu Wort meldeten – und der Lobbyverband der Agrarkonzerne, ECPA. Sie halten es bereits für unzulässig, dass der EPA-Präsident überhaupt eine solche Anweisung vorlegt, die die bisherigen Entscheidungen der Beschwerdekammer in Frage stellt.

Eine Entscheidung der großen Beschwerdekammer des EPA wird voraussichtlich erst im nächsten Jahr fallen. Die Erwartungen sind hoch: Das EPA darf nicht länger nur die Interessen der Industrie und Patentanwälte bedienen“ sagt Verena Schmitt, Referentin für Ökolandbau beim Umweltinstitut München. „Sonst droht der Ausverkauf unserer Lebensgrundlagen an Bayer & Monsanto, DowDupont und Syngenta.“