Die Geschworenen waren sich einig: Bayer und BASF haben bewusst das Risiko in Kauf genommen, dass ihr leichtflüchtiges Herbizid Dicamba andere Landwirte schädigen könnte, wenn Farmer es auf die damals neuen Dicamba-resistenten Sojabohnen von Monsanto sprühen würden. Deshalb verurteilte die Jury des Bezirksgerichts in Cape Girardeau im US-Bundesstaat Missouri die beiden Chemiekonzerne zu Schadenersatz und Strafe in Höhe von 265 Millionen US-Dollar, das sind rund 245 Millionen Euro. Die Unternehmen wollen in Berufung gehen, denn die Klage ist nur die erste einer neuen Prozesswelle.
Geklagt hatte in diesem ersten Prozess Bill Bader, Besitzer der größten Pfirsich-Farm in Missouri. Er gab an, 30.000 Bäume verloren zu haben, weil Nachbarn Dicamba über ihre Felder mit Monsantos resistenten Pflanzen spritzten und die Abdrift seine Bäume absterben ließ. 20 Millionen US-Dollar Schaden machte Bader geltend. Bayer und BASF argumentierten, ihre Dicamba-Pestizide seien bei korrekter Anwendung sicher und bezweifelten, dass der Wirkstoff die Bäume geschädigt habe. Doch die Jury kam aufgrund der vorgelegten Beweise und Aussagen zu dem Ergebnis, dass die beiden Konzerne schuld seien. Die Geschworenen sprachen deshalb Bill Bader 15 Millionen Dollar Schadenersatz zu und verurteilten Bayer und BASF zu weiteren 250 Millionen Dollar Strafe, wobei sie keine Aussagen machten, wie die Summe auf die beiden Konzerne verteilt werden soll.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete, dass mehr als 140 weitere Dicamba-Klagen anhängig seien. Vermutlich dürfte diese Zahl nach diesem ersten Urteil deutlich nach oben schnellen. Dennoch würden sich die Dicambaklagen nicht zu einem so großen Problem für Bayer auswachsen wie die Roundup-Klagen, zitiert Bloomberg einen Frankfurter Analysten. Für diese Einschätzung spricht, dass es nicht um die Gesundheit von Menschen geht, sondern um Ernteschäden und dass sich Bayer die Strafen mit BASF teilt. Problematischer dürfte der Imageschaden sein. Denn die im Prozess offengelegten Unterlagen zeigten deutlich, dass Bayer und BASF Abdriftschäden bei Dicamba bewusst in Kauf nahmen und weiterhin nehmen. Diese Belege werden bei jedem Prozess neu aufgerufen und erneut in den Medien thematisiert.
Ausführlich über den Prozess berichtet hat Jonathan Hettinger vom Midwest Center for Investigative Reporting
Die Organisation US Right to Know hat die wichtigsten Fakten in seinen Dicamba Papers zusammengestellt.